Als Geschäftsleitung in den Boxenstopp

Damit neu zusammengesetzte Teams, insbesondere auf Stufe Geschäftsleitung, möglichst rasch eine effektive Zusammenarbeit erreichen, lohnt sich die Investition in ein Wechselspiel von extern begleiteten «Boxenstopps» und der internen Umsetzung des Erarbeiteten

Eine Geschäftsleiterin nimmt Kontakt auf, da nicht nur sie sondern auch zwei ihrer Führungskräfte im siebenköpfigen GL-Team neu sind. Sie möchte bewusst zu Beginn der Zusammenarbeit in diesen Prozess investieren, da sie diesbezüglich auf frühere positive Erfahrungen zurückgreifen kann. Ihr ist es wichtig, sich ausserhalb der täglichen Arbeit Zeit zu nehmen und sich über grundsätzliche Themen der Zusammenarbeit auszutauschen und allen die Möglichkeit zu geben, sich besser kennen zu lernen. Da sie sich selber ebenfalls persönlich einbringen will, ist für sie klar, dass sie diesen Schritt mit externer Moderation machen wird.

Der erste Boxenstopp

Der erste 1.5-tägige Boxenstopp soll den Boden für ein optimales Zusammenspiel der unterschiedlichen Persönlichkeiten bereiten. Dafür werden folgende Ziele definiert:

  • Abgleich des gemeinsamen Verständnisses zu Führung und Zusammenarbeit
  • Wissen um die individuellen Stärken im Team und deren optimale Nutzung
  • Identifikation der verschiedenen Rollen im Team
  • Klärung und Bearbeitung offener Themen
  • Vereinbarung weiterführender Massnahmen

Der Anlass beginnt mit gegenseitigen Interviews entlang der Frage: „Was ist mir wichtig in der Führung?“. Die Resultate werden im Plenum präsentiert, konsolidiert und deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede diskutiert. Eine Abrundung erfährt das Thema durch eine Erhebung des persönlichen Führungsstils anhand des LSDI (Leadership Style Dominance Instrument®). Die Teilnehmenden setzen sich mit den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Stile auseinander, stellen den Bezug zu den aktuellen und zukünftigen Anforderungen der Organisation her und reflektieren, welche Konsequenzen ihre Erkenntnisse für ihren Führungsalltag haben. In der folgenden Sequenz tauschen sich die GL-Mitglieder über ihre gegenseitigen Erwartungen an eine effektive Zusammenarbeit aus und formulieren daraus fünf Grundsätze.

Um die unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten im Team sichtbar zu machen, wird das Teamrollenmodell des britischen Psychologen Meredith Belbin eingesetzt. Nach Belbin arbeiten Teams dann effektiv, wenn sie aus einer Vielzahl heterogener Persönlichkeits- und Rollentypen bestehen, wie zum Beispiel Macher, Analytikerin, Weichensteller, Perfektionistin. Die GL-Mitglieder schätzen sich anhand der Beschreibung der unterschiedlichen Rollen, selber ein und stellen diese vor. Dem Austausch über Selbst- und Fremdbild folgt analog zum Vortag die Diskussion über das sich ergebende Gesamtbild sowie deren Auswirkungen auf die Organisation.

Der Anlass selber schliesst mit einer Handvoll Massnahmen, die die GL in den kommenden Monaten konsequent und ohne externe Begleitung umsetzen wird.

Um die Teilnehmenden zu sensibilisieren wird konsequent die Methodik des Parallelen Lernens angewendet: die Teilnehmenden gehen in die Metaebene und reflektieren sich in Bezug auf die ihre Grundsätze, zum Beispiel: wie offen sind wir gerade miteinander?

Umsetzung

Insbesondere zwei Massnahmen sollen die Nachhaltigkeit sichern:

  • Einsatz von Skalierungen als Feedbackinstrument im GL-Meeting
    Die fünf Grundsätze zur Zusammenarbeit werden am Ende der Sitzung auf einer Skala von 1 bis 10 (1=trifft gar nicht zu; 10=völlig stimmig) von jeder Person eingeschätzt, kurz kommentiert und gemeinsam entschieden, ob und was beim nächsten Mal anders gemacht werden soll.
  • Das Reflecting Team wird als neues Gefäss installiert
    Alle zwei Monate setzen sich die GL-Mitglieder in einem 1-stündigen Meeting kritisch mit getroffenen Führungsentscheiden auseinander. Für die Moderation stellt sich rotierend ein Mitglied des Leitungsteams zur Verfügung. Die Diskussion erfolgt entlang der Fragen: Was genau war das Thema, meine Führungssituation? Welchen unserer Grundsätze konnte ich leben/umsetzen? Was fiel eher schwer und weshalb? Welche Erkenntnisse leiten wir für unser zukünftiges Handeln ab?

Der zweite Boxenstopp

Nach 6 Monaten wird der zweite Boxenstopp angesetzt, welcher ausnahmsweise einen halben Tag dauert. Der Schwerpunkt wird auf die kritische Reflexion der vereinbarten Massnahmen gesetzt und soll die GL-Mitglieder noch einmal näher bringen. Die Einschätzung auf einer Skala, wie erfolgreich die geplanten Massnahmen umgesetzt wurden, bringt die Teilnehmenden in einen ersten Austausch und dem Entscheid, was optimiert werden kann und soll. Eine weitere Vertiefung der Beziehung gelingt, indem sie sich ein gegenseitiges strukturiertes Feedback zu ihrem Führungsverhalten und der Qualität ihrer Zusammenarbeit geben – eine Methode, die nur mit externer Moderation eingesetzt werden sollte, da sie sehr in die Tiefe geht und je nach Feedback starke Betroffenheit auslösen kann.

Den sich aus diesem Anlass ergebenden Erkenntnissen und angepassten Massnahmen schliesst sich wiederum die Umsetzung im Arbeitsalltag an.

Die Prozessbegleitung im Überblick

Grundsätzlich ist eine derartige Prozessbegleitung nach dem Prinzip „So viel wie nötig extern begleiten lassen und so viel wie möglich innerhalb des Führungsteams belassen“ aufzubauen. Der dargestellte Prozess zeigt ein gelungenes Wechselspiel auf: Die extern moderierte Impulsveranstaltung, bei der aufgrund ausgewählter Methoden eine Vertrauensbasis geschaffen und eine kritische Reflexion innerhalb des Teams angeregt wird, ermöglicht die weitere eigenverantwortliche Bearbeitung der Themen. Denn nur wenn die Beteiligten selber am Ball bleiben, kann die Nachhaltigkeit der vereinbarten Massnahmen Wirkung zeigen.

Als GL in den Boxenstopp_Überblick

 

Bärbel Kürzl

Seit 2009 bei askplus tätig und als Partnerin verantwortlich für Beratungsmandate und Mediationen.

b.kuerzl@askplus.ch
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